Das trifft Millionen deutsche Hausbesitzer: Ab Juli Pflicht für zusätzliche Steuererklärung


Von:  BV, GIT - Isabel Birk / 31.01.2022 / 13:22


KARLSRUHE. Am 10. April 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung beim Grundsteuer- und Bewertungsrecht seit Beginn 2002. Ab Juli 2022 wird die Grundsteuerreform in der Praxis für alle Grundstückseigentümer wichtig, denn: Nach aktuellem Stand müssen Steuerpflichtige für alle wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes online eine Steuererklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts zum Stichtag 1. Januar 2022 abgeben.


  • Alexander Limbach - stock.adobe.
  • Mit der Reform zur Grundsteuer tritt ab Juli auch eine neue Regelung für Grundstückseigentümer in Kraft.

Die sogenannte „Feststellungserklärung“ betrifft dann bundesweit rund 36 Mio. wirtschaftliche Grundbesitzeinheiten. Nach der Entscheidung zur Unvereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (1 BvL 11/14 u. a., BVerfG 148, 147) sollte der deutsche Gesetzgeber bis 31. Dezember 2019 eine Neuregelung schaffen. Bis dahin durften die gleichheitswidrigen Regelungen zur Einheitsbewertung weiter angewandt werden. Die beanstandeten Normen sollten für max. fünf Jahre nach Schaffung einer Neuregelung, spätestens aber bis 31. Dezember 2024 gelten, um dem erheblichen Zeit- und Personalaufwand bei der Neubewertung der Liegenschaften Rechnung zu tragen.

Hintergrund der Grundsteuerreform

Die Besteuerung von Häusern bzw. Grundstücken erfolgt regional recht unterschiedlich, teils bis fast zum Vierfachen für vergleichbare Liegenschaften, weil der Grundsteuer der Einheitswert der Grundstücke zu Grunde lag. Während die Basis im Westen von 1964 stammt, stammen die Werte der neuen Bundesländer auf Feststellungen aus dem Jahr 1935. Durch die teils starke unterschiedliche Entwicklung von Regionen in beiden Teilen Deutschlands existieren damit mancherorten drastische Unterschiede. Diese soll die Grundsteuerreform beseitigen, damit die Grundsteuer wieder verfassungskonform ist.

Daher erfolgt zum Stichtag 1. Januar 2022 eine Neubewertung der Grundstücke. Die grundsätzlichen Positionen zur Steuerberechnung bleiben unverändert – auch weiterhin bildet der Grundstückswert die Basis, multipliziert mit der deutlich niedrigeren Grundsteuermesszahl (die den steuerpflichtigen Teil des Einheitswerts bestimmt) und den Hebesätzen, die durch die Gemeinden festgelegt werden.

Neue Berechnung des Grundstückswerts

Hier wird nun anders gerechnet. Künftig liegt dem Grundstückswert der Bodenrichtwert mit einer statistisch ermittelten Nettokaltmiete zu Grunde. Um für die Zukunft unterschiedliche Bewertungen bzw. Besteuerungen vergleichbarer Grundstücke zu vermeiden, wird die Bewertung regelmäßig aktualisiert. Erstmals werden die Grundstückswerte auf Basis des 1. Januar 2022 ermittelt.

Neu ist die „Grundsteuer Kategorie C“. Bisher galten "A" für agrarische Nutzung und "B" für bauliche Nutzung“. Kategorie "C" betrifft nun unbebaute, aber baureife Grundstücke mit dem Zweck, zum Bauen zu motivieren, statt die Grundstücke viele Jahre unbebaut zu lassen. Das soll Spekulationen vorbeugen und möglichst neuen Wohnraum schaffen.

Zeitplan

  • Ab dem 1. Juli 2022 müssen Steuerpflichtige eine Online-Feststellungerklärung nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz einreichen (§ 228 Abs. 6 BewG i. V. m. § 87a Abs. 6 Satz 1 AO).
  • Die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung ist für Ende März 2022 durch öffentliche Bekanntmachung geplant. 
  • Ab 1. Juli 2002 werden die Feststellungserklärungen kostenfrei über die Steuer-Onlineplattform "ELSTER" eingereicht. Die Frist endet (nach aktuellem Stand) am 31. Oktober 2022.
  • Auf Basis der Angaben in der Feststellungserklärung berechnen die Finanzämter den Grundsteuerwert (zum 1. Januar 2022), die Grundsteuermessbeträge und die Grundsteuer (zum 1. Januar 2025) und erlassen den Grundsteuerwertbescheid.
  • Bis Ende 2024 liegen der Grundsteuer noch die bisherigen Einheitswerte zugrunde.

Nötige Daten für Wohngebäude (W) bzw. Nicht-Wohngebäude (NW)

  • Lage des Grundstücks (einschließlich Gemarkung und Flurstück)
  • Grundstücksfläche
  • Bodenrichtwert
  • Grundstücks- bzw. Gebäudeart
  • Wohn- und Nutzfläche (entfällt für NW)
  • Brutto-Grundfläche (entfällt für NW)
  • Baujahr

Abweichende Länderregelungen

Den Ländern steht für die Grundsteuer und zugehöriges Bewertungsrecht ein Recht zur abweichenden landesrechtlichen Regelung zu (Regelungskompetenz der Länder für abweichende landesrechtliche Regelungen – sog. Länderöffnungsklausel; Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG).

  • Bei der Grundsteuer „A“ (Land- und Forstwirtschaft) übernehmen alle Länder die Regelungen des Bundes (nur geringfügige punktuelle Abweichungen).
  • Grundsteuer „B“ (Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens) 
    • Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen werden die Bundesregelungen übernehmen
    • Sachsen und Saarland übernehmen auch das Bewertungsmodell des Bundes, weichen aber bei den Steuermesszahlen ab
    • Baden-Württemberg wird auf das Bodenwertmodell zurückgreifen
    • Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen werden Flächenmodelle verwenden.
  • Den aktuellen Stand finden Sie auch auf → der entsprechenden Seite des ZDH

Finanzielle Auswirkungen

Laut BMF soll die Reform nicht mit einer eine Erhöhung der Grundsteuer verbunden sein. Ziel sei vielmehr die Abschaffung der Ungleichbesteuerung. Für Mieter werden sich die Konsequenzen im Rahmen ihrer Betriebskostenabrechnung ab 2025 bzw. 2026 zeigen, weil die neue Grundsteuer ab 1. Januar 2025 erhoben wird.

Die Bundessteuerberaterkammer hat angesichts des Aufwands und der Datenerhebung bereits für eine Fristverlängerung plädiert.
Wir raten Ihnen, schon jetzt das Gespräch mit Ihrem Steuerberater zu suchen.

Redaktioneller Hinweis: Weitere Informationen lesen Sie auch auf der → Seite des BMF.


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